Donnerstag, 20. November 2008

Kinder, Jugendliche und Gewalt (1)

Wenn Kinder morden...

-cp- In den USA wird gerade ein 8-jähriger Junge verdächtigt, einen Doppelmord begangen zu haben. Sein Vater und ein Freund des Vaters wurden mit einer Schrotflinte erschossen. [net-tribune] Mittlerweile soll er gestanden haben. Dass Kinder zu Mördern werden, ist unfassbar, doch es kommt vor, und nicht nur in Form von Schulamokläufen durch jugendliche Täter. [Littleton, Erfurt, Emsdetten, Virginia, Tuusula, ...]

Durch Kinder begangene Morde sind nochmal eine andere Sache als ein Schulamoklauf, was nicht heißen soll, dass sie mehr oder weniger schlimm sind. Doch die Tatsache dass die Mörder in diesen Fällen erst 8 oder 10 Jahre alt sind, und dass sie ganz gezielt den Tode eines Menschen verursachen, ist unbegreiflich. Bekannt sind u.a. zwei Vorfälle aus England. Die Ermordung des knapp 3-jährigen James Bulger im Jahr 1993, der von zwei zehnjährigen Kindern entführt und zu Tode gefoltert wurde. [Wikipedia].

1968 hat die zehnjährige Mary Bell zwei Jungen getötet (einer drei und einer vier Jahre alt). Die Morde ereigneten sich an verschiedenen Tagen. Damals gab es in England noch kein Jugendstrafrecht und kein Jugendprozessgesetz. Die zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung elfjährige Mary Bell wurde wie eine Erwachsene verhaftet, wie eine Erwachsene in Untersuchungshaft gesteckt und wie eine Erwachsene zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Journalistin Gitta Sereny beobachtete damals den Prozess. Ihre Beobachtungen und anschließende Recherchen hat sie später in einem Buch zusammengefasst, deutscher Titel: Kinder morden Kinder - Der Fall Mary Bell. Das Buch ist ziemlich verstörend und bestimmt nichts für schwache Nerven. Die Täterin Mary Bell ist auch ein Opfer. Im Alter von 22 Jahren wurde sie auf Bewährung aus der Haft entlassen. Sie erhielt einen neuen Namen, versuchte Fuß zu fassen, wurde erkannt, bedroht, verjagd und fing noch einmal von vorne an. Jahre später traf sich die Autorin Gitta Sereny mit Mary Bell und schrieb ein zweites Buch, eine Biografie: Schreie, die keiner hört.

Ein Film aus der Reihe Tatort (Martinsfeuer) greift das Thema auf und erzählt beinahe eine Variante der Mary-Bell-Geschichte.