Freitag, 11. November 2011

Geburtstagsgrüße in die Schweiz

-cp- Die schrägsten Märchen schreiben nicht die Märchendichter. Die schrägsten Märchen schreibt das Leben. Und manchmal ist man live dabei. Heute zum Beispiel. Eine Bekannte aus der Schweiz hat bald Geburtstag. Also beschließt man, ihr eine kleine Freude zu machen und kauft ein kleines Geschenk, von dem man sich erhofft, dass es der Bekannten gefällt. Mit dem in einem M-Paket verstauten Geschenk stellt man sich am Schalter der Deutschen Post an. Da steht man dann erst mal, denn bei der Post dauert es immer lange.

Wenn man dann an der Reihe ist, erfährt man, dass ein Paket in die Schweiz so ganz ohne Weiteres nicht verschickt werden kann. Schließlich gehört die Schweiz nicht zur EU, und so gelten besondere Zoll-Bestimmungen. Es muss ein besonderer Paketschein ausgefüllt werden, auf dem dezidiert angegeben wird, was in dem Paket enthalten ist. Also, mal angenommen, es wären eine Seifenschale und ein Stück Seife darin, dann müsste man genau das auf den Paketschein schreiben. Der Vorteil liegt nun auf der Hand: Man weiß bereits, was man geschenkt bekommt, bevor man das Paket öffnet und das Geschenk aus dem Geschenkpapier befreit. Menschen, deren Gefühlsausbrüche sie hin und wieder in die Nähe eines Herzinfarktes bringen, können also nicht vor Freude tot umfallen, wenn sie durch eine Seifenschale überrascht werden, denn sie wissen ja schon vorher, dass eine im Paket enthalten ist. Die Überraschung besteht nur noch darin, wie diese Seifenschale aussieht. Die Informationen über das Geschenk werden also zweigeteilt, in allgemeine und konkrete Informationen. So teilt sich auch der Gefühlsausbruch in zwei Teile und ist dadurch weniger heftig.

Ist der Schein erst einmal mit allen nötigen Angaben versehen, kann man der Postangestellten dabei zu sehen, wie sie absurd lange dafür braucht, irgendwelche Zahlen irgendwo hinzutippen, irgendwelche Barcodes einzuscannen und Aufkleber zu drucken, die sie schließlich dafür nutzt, dem Paket eine weltweite Identität zu verleihen. Es ist also so eine Art Reisepass für die im Paket enthaltene Seifenschale. Wenn man während dieses Vorgangs nicht eingeschlafen ist, weil er wirklich sehr sehr lang gedauert hat, kann man beobachten, wie die Postangestellte nach Abschluss dieses Arbeitschrittes erleichtert aufatmet.

Im nächsten Schritt findet der Papierkrams seinen Abschluss: Es wird eine Rechnung ausgedruckt, die man zu begleichen hat. Nun liegt die Sache so, dass die Versendung dieses Pakets mit der darin enthaltenen Seifenschale innerhalb Deutschlands 6,90 Euro gekostet hätte. Die Versendung in unser Nachbarland Schweiz jedoch kostet die Kleinigkeit von 30,00 Euro. Und unweigerlich muss ich an das Märchen Vom Fischer und seiner Frau denken, in dem die Frau an ihrem Größenwahn letztlich gescheitert ist. Ich finde, die Post ist auch gescheitert, zumindest moralisch. Es sei denn, der Briefträger überreicht meiner Bekannten die Seifenschale feierlich auf einem Silbertablett und lässt mich das als Livestream über die Paketverfolgungsnummer mitverfolgen. Das wäre doch mal etwas, wofür 30,00 Euro halbwegs angemessen sind. Selbst dann, wenn das Paket gar keine Seifenschale enthält, denn dieses Beispiel habe ich nur gewählt, damit sie, falls sie dies liest, nicht schon vor dem Lesen des Paketscheins weiß, welches Geschenk sie bekommt.