-cp- Heute mal was Pädagogisches: Es ist schon krass, wie sich die Bedeutungen von Begriffen verändern. Der Begriff "Förderung" zum Beispiel war in pädagogischem Kontext wertneutral. Es wurden die Interessen von Kindern gefördert, die Fähigkeiten und die Talente. Seit dem Pisa-Schock hat sich das geändert. Der Begriff "Förderung" bezieht sich nun auf Entwicklungsrückstände, wobei diese Zuordnung absurd ist, man möchte ja die vermeintlichen Defizite ausgleichen und nicht fördern. Aber, um es genau zu sagen, meint zum Beispiel der Begriff "Sprachförderung", das Kinder, die Rückstände in ihrer Sprachentwicklung haben, in ihrer Sprache gefördert werden sollen.
Damit sind zwei Probleme verbunden: Erstens verwandeln sich Kindergärten in eine Art "frühkindliches Therapiezentrum". Und eigentlich gibt es den Begriff "Kindergarten" in der Praxis auch nur noch selten. Die Dinger heißen mittlerweile "Tagesstätte" oder "Familienzentrum". Unter diesen Begriffen stelle ich mir nicht unbedingt Einrichtungen vor, in denen Kinder wachsen und sich entfalten können. Zweitens empfinde ich es als kritisch, einen Entwicklungsdurchschnitt zu einer Entwicklungsnorm zu erheben. Ein Durchschnitt kommt ja nur dadurch zustande, dass einige darunter und andere darüber liegen. Hat man den Heute kein Recht mehr auf eine Schwäche. Und was passiert, wenn man den Fokus derart auf Defizite legt. Werden dann Kinder, die die Norm erfüllen, überhaupt noch gefördert? Hat nicht jedes Kind das Recht auf Förderung, auch wenn es nicht unterhalb der Norm liegt? Auf dem Papier zumindest wäre ja kein Förderbedarf feststellbar. Und selbst, wenn man durch Förderung ein Defizit ausgleichen möchte, muss man dann nicht sowieso bei dem ansetzen, was Kinder bereits können.
Ich finde, es wäre vernünftig, die Normen so weit es geht aus den Köpfen zu verbannen und wieder jedes Kind zu fördern, auf Grundlage dessen, was sie interessiert und was sie können. Eine interessante Veranstaltung zu dieser Frage findet im September in Vlotho (bei Bielefeld) statt: eine Bildungstagung.