Freitag, 2. April 2010

Das Orangenmädchen

-cp- "Das Orangenmächen" ist eine Erzählung von Jostein Gaarder ("Sofies Welt"). Inhalt: Der fünfzehnjährige Georg bekommt einen Brief von seinem vor elf Jahren gestorbenen Vater. Die Großeltern haben den Brief entdeckt und überreichen ihn Georg, der sich mit ihm zurückzieht und sich in ihn vertieft. In diesem langen und sehr persönlichen Schreiben gibt es einiges zu lesen. Es geht um das paradoxe Gefühl des gleichermaßen fremd und bekannt Seins. Es geht um existentielle Fragen. Und: Der Vater erzählt dem Sohn eine Liebesgeschichte aus seinem Leben.

"Das Orangenmädchen" ist eine ungemein fesselnde und romantische, manchmal aber auch etwas nervige Geschichte. Auf vielen Ebenen funktioniert alles ganz wunderbar. Die Liebesgeschichte ist spannend und wunderbar anrührend. Und allein der Rahmen, dass der Sohn elf Jahre nach dem Tod des Vaters diesen Brief liest, hat eine aufwühlende Wirkung. Nervig hingegen sind die etwas gezwungenen und arg konstruierten philosophischen Anteile des Briefes und auch Georgs Gedanken darüber. Diese besondere Vater-Sohn-Geschichte hätte auch dann wunderbar gewirkt, wenn sie nicht mit dem Leben an sich und dem ganzen Kosmos in Beziehung gesetzt worden wäre.

Zwischenbemerkung: Es ist ein in typisches Jostein Gaarder-Problem. Er ist ein ganz wunderbarer Erzähler, dem es wie kaum jemand anderem gelingt, in klarer und anregender Sprache zu schreiben und seine Geschichten mit Rätseln zu spicken, die gleichermaßen spannend wie faszinierend sind. Gleichzeitig aber drückt er seinen Geschichten regelmäßig seinen Zwang zur philosophischen Tiefe auf, indem er diese Themen und Fragen direkt formuliert. Weniger wäre da mehr, denn man kann dem Leser durchaus zutrauen, dass er von selbst philosophische Gedanken entwickelt. Die rätselhaften Geschichten geben das durchaus her. Große Literatur entfaltet ihre anregende Kraft aus der Geschichte selbst heraus, ohne dass der Erzähler diese Dinge direkt ausdrückt.

Zum Glück nehmen diese Anteile in "Das Orangenmädchen" keinen allzugroßen Raum ein, denn das Konkrete, also die Liebes- und die Vater-Sohn-Geschichte, stehen im Zentrum, und die sind sehr gelungen. Schön gewählt finde ich auch die Erzählperspektive. Es gibt zwei Ich-Erzähler: Einmal Georg, der erzählt, wie er den Brief bekommen hat und wie es ihm damit ergangen ist. Und zum anderen den Brief selbst. Das Hörbuch greift diese Perspektiven auf, indem zwei Sprecher abwechselnd die jeweiligen Parts sprechen. Es ist keine trockene Lesung, denn die beiden Sprecher spielen die Rollen und greifen die Gefühlslagen der Figuren wunderbar auf.

Fazit: "Das Orangenmädchen" ist vor allem eine romantische Erzählung, die viele wunderbare Momente enthält und trotz kleinerer Schwächen sehr empfehlenswert ist. Das Hörbuch ist gut umgesetzt und sehr kurzweilig!