Gerade die populären Märchen sind dadurch so bekannt, dass sie von konkreten Figuren erzählen, wie etwa Aschenputtel, Dornröschen oder Rumpelstilzchen. Diese konkreten Figuren bleiben im Gedächtnis, charakterisieren das Märchen und machen es unverwechselbar. Genauso gibt es aber auch allgemeine Figuren, die als Figuren für sich stehen, die mit einem Wort bezeichnet werden und dadurch charakterisiert sind. Diese Figuren werden auch Archetypen genannt.
Eine Figur, die immer wieder auftaucht, ist der Prinz. Der Märchenprinz hat ein vorrangiges Ziel: die Brautgewinnung. Und damit ist er äußert erfolgreich. Schneewittchen, Dornröschen, Aschenputtel, Rapunzel und wie sie alle heißen haben am Ende ihren Prinzen bekommen, ja, sie sind sogar von ihm gerettet und erlöst worden. Der Märchenprinz legt jedoch nicht zwangsläufig Wert darauf, eine "standesgemäße" Frau zu finden. Er heiratet aus Liebe, was das Beispiel Aschenputtel sehr deutlich zeigt, denn Aschenputtel ist keine Prinzessin, sondern Küchenmagd. So wird der Prinz zum Märchenhelden Nummer 1 und zum romantisch verklärten Objekt mancher Sehnsucht.
Die Brüder Grimm pflegten ihre Prinzen übrigens als Königssöhne zu bezeichnen, während bei Andersen immer vom Prinzen die Rede ist. Aber diese Unterschiede sind rein sprachlicher Natur. Den Grimms war es wohl wichtig, die Herkunft zu betonen und das Abhängigkeitsverhältnis. Ein Königssohn ist eben noch eindeutig Sohn, während ein Prinz noch als jung wahrgenommen wird, aber schon etwas unabhängiger wirkt. Wie dem auch sei, die Figuren bei Andersen und Grimm sind eindeutig Figuren des gleichen Typs. Allerdings gibt es das Prinzen-Motiv auch in verdrehter Variante: Die CD Der Märchenprinz von Christian Peitz zeigt diese vermeintlichen Helden von einer anderen Seite: als Faulpelze und Weicheier.