-cp- Die Beurteilung von Künstlern und ihrer Werker ist immer eine schwierige Sache, weil sehr viel Subjektivität mitschwingt. Gerade einem Ausnahmemusiker wie Sting kann man im Rahmen eines knappen Artikels kaum gerecht werden. Dennoch fällt in den letzten Jahren eine gewisse Entwicklung in seinem Werk auf, die bei seiner Hörerschaft vor allem Schulterzucken auslöst. Hier ein grober Blick auf seine Karriere:
Die Anfänge 1977-1984, The Police
Nachdem er sein Geld zunächst als Bauarbeiter und Lehrer (Englisch, Musik) verdient hat, gründet der 1951 geborene Gordon Matthew Thomas Sumner unter dem Künstlernamen Sting gemeinsam mit Stewart Copeland und Andy Summers im Jahr 1977 die Band The Police. Zwischen 1978 und 1983 entstanden fünf Studioalben und auf ihnen waren zahlreiche Hits enthalten, die "The Police" weltweit berühmt machten. Nach ihrem letzten Album löste sich die Band auf. (Zwar gab es 1986 eine gemeinsame Neuaufnahme eines alten Songs und 2007 eine Tournee, aber neue Songs sind dabei nicht herausgekommen.)
Die Solokarriere 1985-1999, kreative Popmusik
1985 veröffentlichte Sting sein erstes Studioalbum "The Dream Of The Blue Turtels", eine Mischung aus Pop und Jazz, die den Grundstein für eine außergewöhnliche Solokarriere legte. 1986 erschien mit "Bring On The Night" ein Live-Album. Begleitet wurde er von bekannten Jazz-Musikern, und dementsprechend klingt auch die CD: spielfreudig, virtuos und durchgehend überzeugend. In der Zeit von 1987 bis 1999 entstehen fünf weitere Studioalben, die spannende Popmusik enthalten. Hier und da gibt es Einflüsse von Jazz und Weltmusik, später auch von Country. Schräge Takte, ausgefeilte Arrangements und dennoch sehr eingängige Popsongs - das ist Stings unverkennbares Markenzeichen.
Die Durststrecke 2000-2010, kreatives Loch
2003 erscheint mit "Sacred Love" sein bisher letztes Studioalbum aus dem Bereich Pop-Musik, das neue Songs enthält. Bis auf ein oder zwei ganz nette Stücke ist dieses Album ein künstlerischer Offenbarungseid. Die Singleauskopplung "Send Your Love" wirkt wie ein verzweifelter Versuch, sich jüngere Zielgruppen zu erzuschließen. Das Stück mag als Tanznummer geeignet sein, in der Betrachtung des Gesamtwerks ist es allerdings ein Tiefpunkt. Und auch die folgenden Alben bringen nichts Neues. Auf "Songs From The Labyrinth" (2006) singt er Dowland-Songs aus dem frühen 17. Jahrhundert. Nach der Police-Reunion-Tour (2007) kommt 2009 die CD "If On A Winter's Night ...", die wie ein Versuch wirkt, eine CD im Weihnachtsgeschäft zu platzieren, denn hier sind Stings liebste Winterlieder enthalten. Eigene und gecoverte. Wieder nichts Neues, wieder nichts Inspiriertes. Aktuell (2010) ist die nächste Sting-CD erschienen. In Anspielung auf das Police-Album "Synchronicity" trägt sie den Titel "Symphonicities". Zu hören sind bekannte Stücke (sowohl aus der Police-Zeit als auch von seinen Solo-Alben), die er im Orchestersound neu eingespielt hat. Die CD, man verzeihe mir das Dieter Bohlen-Zitat, stört zwar die Hausfrau nicht beim Bügeln, aber sie bietet auch wieder mal nichts Neues.
Fazit
Es wirkt, als ob Sting seit seinem letzten guten Album ("Brandnew Day", 1999) seiner eigenen Kreativität hinterherjagt. Nach dem peinlichen letzten Pop-Album "Sacred Love" (2003) beschäftigt er sich ausschließlich mit alten Sachen, zunächst mit Dowland-Kompositionen, dann vorwiegend mit seinen eigenen alten Stücken, die er in eine neue Form zu pressen versucht. Man darf gespannt sein, ob er die Kraft findet, zu seiner alten Kompositionskunst zurückzufinden.