Samstag, 20. Juni 2009

Die Mittagsfrau

-cp- In meiner Literaturgruppe wurde "Die Mittagsfrau" von Julia Franck als neue Lektüre gewählt. Auf dem Buchrücken stehen vielversprechende Zitate aus Rezensionen (Spiegel Online, Die Welt und FAZ). Ebenfalls vermerkt steht dort: "Platz 1 der Spiegel Bestsellerliste" und "Gewinnerin des Deutschen Buchpreises". Die Story: Eine Mutter flieht Ende des 2. Weltkrieges aus Stettin Richtung Westen und lässt ihren Sohn allein am Bahnsteig zurück. Was meine Vorinformationen angeht, hatte ich die Befürchtung, es handelt sich um eine Mischung aus Frauenroman und Vergangenheitsbewältigung, wobei ich nicht so recht weiß, warum eine 1970 geborene Autorin den 2. Weltkrieg bewältigen muss. Dennoch hatte ich wegen der Rezensionen und wegen des Deutschen Buchpreises ziemlich hohe Erwartungen. Bereits nach wenigen Sätzen stellte sich heraus, dass dieses Buch für mich unlesbar ist. Ich zitiere:

"Aud dem Fensterbrett stand eine Möwe, sie schrie, es klang, als habe sie die Ostsee im Hals, hoch,die Schaumkronen ihrer Wellen, spitz, die Farbe des Himmels, ihr Ruf verhallte über dem Königsplatz, still war es da, wo jetzt das Theater in Trümmern lag. Peter blinzelte, er hoffte, die Möwe werde allein vom Flattern seiner Augenlider aufgescheucht und flöge davon."

Dies sind die ersten beiden Sätze. Und hätte ich diese beiden Sätze als Schüler in einem Aufsatz meinem Deutschlehrer vorgelegt, er hätte mir mindestens sieben Fehler angestrichen. Zu Recht! Zweimal Stil: 1. Ein Vogel steht nicht auf dem Fensterbrett. Er sitzt. Stil 2: Augenlider flattern nicht. Sie blinzeln oder zucken. Und dann natürlich fünfmal Zeichensätzung. Da werden Sätze künstlich verlängert, indem Kommas statt Punkten gesetzt werden.

Liest man weiter, fällt auf, dass die Autorin auf Anführungszeichen in der wörtlichen Rede verzichtet. Mag sein, dass dies eine Anspielung auf Wolfgang Borchert sein soll, der ja mit "Trümmerliteratur" in Verbindung zu bringen ist, und dessen Markenzeichen u.a. der Verzicht auf Anführungszeichen war. Ich persönlich finde, Borchert hin oder her, es ist ein schlechtes Stilmittel.

Was haben wir also? Eine Autorin, die ihren Text nicht strukturieren kann, weil sie Kommas statt Punkten setzt und auf Anführungszeichen verzichtet. Zudem produziert sie einen Stilblütensalat, der seines gleichen sucht. Statt "die Welt lag ihr zu Füßen" heißt es bei Julia Franck "das Leben lag ihr zu Füßen". Welchen Sinn soll das bitte machen? Stilistische Unsauberkeiten wie diese sind auf annährend jeder Seite zu finden. Liest man die negativen Rezensionen auf Amazon und die gesammelten Kritiken auf Perlentaucher, fällt auf, dass beinahe überall von "stilistischen Mängeln" die Rede ist. Dass ein solches Werk den Deutschen Buchpreis erhält, ist ein Skandal und, man möge mir die Bemerkung verzeihen, ein Arschtritt für die deutsche Sprache.