Freitag, 17. Juli 2009

Teenager

-cp- Pünktlich zum Bundesstart lief der neue Harry Potter gestern auch in Minden an. Minden hat zwei Kinos und mittlerweile sogar eine Internetseite, auf der diese Kinos gemeinsam ihr Programm vorstellen. Der Film lief in dem Kino mit dem am wenigsten cineastisch klingenden Namen, der mir jemals untergekommen ist: "Die Birke". Gegen Birken kann man allergisch sein. Gegen 70er-Jahre-Muff auch, und seit diesem Filmabend weiß ich, dass ich auch gegen Teenager allergisch bin. Es fing bereits vor dem Film an, in der Kartenabholschlange.

Da standen Teenagerhorden trotz der Hitze dicht an dicht gedrängt und machten den Eindruck als würden sie dringend Beratung brauchen. Zum Großteil eine Typberatung, zum Teil auch eine Ernährungsberatung und einige würden sogar dringend beides brauchen. Direkt vor mir stand eine ca. 15-Jährige, die ziemlich übergewichtig war und ein sehr knappbemessenes Oberteil trug, um ihre Brüste, welche bedrohliche Ausmaße hatten, zumindest teilweise dahinter zu verbergen. Ich hatte wirklich Angst, die Dinger könnten ihr da irgendwie raushüpfen und Amok laufen. Wahrscheinlich blieben sie nur drin, weil sie Angst vor der Zahnspange ihrer Besitzerin hatten, die jedes Mal dann aufblitze, wenn sie debil vor sich hinlachte, was sie permanent tat, ohne, dass es dafür einen für Außenstehende sichtbaren Anlass gegeben hätte. Sie gab ein sehr skurriles Bild ab.

Endlich die Karten glücklich in Händen haltend entschlossen wir uns, draußen zu warten. Dort warteten auch die Motorradrocker. Eigentlich waren es nur ein paar lederbekleidete Halbstarke mit Mofas, die versuchten, sich gegenseitig an Coolness zu übertreffen. Sie rauchten cool, spukten cool auf den Boden und zogen die Schultern so weit es ging nach oben und in die Breite. Cool eben.

Dann endlich Einlass. Der Kinosaal war größer als erwartet und von oben bis unten angefüllt mit Teenagern, die durcheinander kreischten und jolten. Es war wie eine Klassenfahrt, ja wie ein Schulausflug, nur ohne Lehrer. Permanent klingelten Handys, es wurde schrill aufgelacht oder um die Wette gegackert. Zudem liefen die Teenager wild durcheinander und da sie, Minden ist halt ein Dorf, sich zum Großteil gegenseitig kannten, begrüßten sie sich in Teenagerdeutsch und ziemlich laut quer durch den Saal. Irgendwelche Mädels mit "Du kommst hier nicht rein"-Mentalität wiesen uns unsanft darauf hin, dass die auf unseren Kinokarten abgedruckten Plätze keine Bedeutung haben. Freie Platzwahl. Ey!

Der Film schien zu 100% auf diese Zielgruppe ausgerichtet zu sein. Tiefgang oder eine sich aus der Handlung ergebende Spannung suchte man vergebens, dafür gab es jede Menge (gut funktionierender) Oberflächenreize. Kleine Duelle, Rätsel, Geheimniskrämereien, vor allem aber verliebte Teenager, die sich wie Trottel verhielten. Slapstick am laufenden Band. So etwas unterhält. Nur leider nicht nachhaltig. Der Film war schon okay, recht kurzweilig, aber eben ein Teenagerfilm. Er war weit weniger düster als der letzte und damit auch weniger düster als erwartet. Man hatte zwar den Eindruck, dass sich da irgendwas Bedrohliches aufbaut, aber wenn man das Buch nicht gelesen hat, weiß man nicht was. Wie auch? Das haben die Filmemacher vergessen mitzuteilen. Und das "da draußen" etwas Bedrohliches ist, vergisst auch der Zuschauer, sobald die Zauberschüler anfangen, mit ihren Liebestränken herumzuspielen und einander gaga zu machen. Viel Witz, wenig Spannung. Außer am Ende, da wurde es dann kurzzeitig doch nochmal spannend. Ach ja, und auf einmal trat Gollum mit Hunderten von Artgenossen auf. Und es gab noch einen schönen Schockeffekt, der die Teenager im Kinosaal aufkreischen ließ.

Das war der Abend: Verrückte Teenager im Saal und auf der Leinwand. Zumindest haben die auf der Leinwand sich gegen Ende des Films wieder eingekriegt.