Sonntag, 20. Dezember 2009

Rezension: "Avatar"

-cp- Der Film "Avatar" (Regie: James Cameron, 2009) will neue Maßstäbe setzen. Es ist nicht unpassend, dass gerade dieser Film als letzter großer Blockbuster das Filmjahr 2009 abschließt, denn in diesem Jahr fand die 3D-Technik Einzug in das Mainstream-Kino [alter Artikel: Kino in 3D]. Es ist schon auffällig, dass dabei mehr über Technik als über Inhalte geredet wird. Denn die Frage, welche Inhalte überhaupt 3D benötigen, bleibt unbeantwortet.

James Cameron ist für die Präsentation neuer Maßstäbe sicherlich der richtige Mann, denn letztlich gehen mit "Terminator" und "Titanic" tatsächlich Meilensteine der Kinogeschichte auf ihn zurück. An "Avatar" hat er nun 15 Jahre gearbeitet und war sogar an der Entwicklung von Spezialkameras beteiligt. Die technische Neuerung in "Avatar", dass Schauspieler digitalisiert werden und so Kunstfiguren spielen, die wiederum foto- und filmrealistisch aussehen, wird in der Fachwelt als genial eingestuft, und angeblich wollen auch Steven Spielberg und Peter Jackson in kommenden Filmen darauf zurückgreifen.

Aber: Da war ja noch der Inhalt. Leider hat James Cameron nicht nur die Technik mitentwickelt und Regie geführt, sondern auch das Drehbuch geschrieben. Nicht unbedingt seine größte Stärke. Auch wenn ihm durchaus schon der ein oder andere Treffer gelungen ist, wenn James Cameron zur Feder greift, dann kommt bestenfalls gutes Popcornkino dabei heraus ("Titanic") und schlimmstenfalls Die goldene Himbeere ("Rambo 2").


Was hat nun "Avatar" inhaltlich zu bieten? Eine sehr vorhersehbare Mischung aus Fantasy, Science Fiction und Ethno-Kitsch. Der Plot ist durch und durch unoriginell, und das Fantastische ist von vorne bis hinten willkürlich. So beheimatet der Handlungsort (der Planet "Pandora") zum Beispiel seltsame fliegende Lebewesen (Vögel? Insekten?), die keine Flügel haben, sondern eine Art runde, in Bewegung leuchtende Rotoren. Auch gibt es pferdähnliche Reittiere mit sechs Beinen. Das sieht interessant aus, spielt aber keine Rolle. Alles ist austauschbar. Der Zuschauer soll staunen über die vielen bunten Einfälle. Aber darüber nachdenken sollte er lieber nicht.

Während die Krtik auf Filmstarts vorsichtig formuliert, dass inhaltlich noch Luft nach oben gewesen wäre, bringt Christian Stöcker auf Spiegel Online die Sache wunderbar auf den Punkt. Er nennt "Avatar" eine reichlich retardierte Geschichte und vergleicht den Plot mit dem aus "Winnetou 1". Da ist was dran. Und dem "Winnetou"-Film muss man zu Gute halten, dass er aus einer anderen Zeit stammt und nicht mehr sein wollte, als er tatsächlich war. Den Namen "Old Shatterhand" wird man sicherlich auch in fünfzig Jahren noch kennen. Ob das für den Namen "Jake Sully", so heißt der Held in "Avatar" auch gilt, wage ich zu bezweifeln. Und somit steht fest, dass zumindest auf inhaltlicher Ebene "Winnetou 1" größere Maßstäbe gesetzt hat als "Avatar".