Donnerstag, 29. Mai 2008

Unterschichtenfernsehen - das volle Menschenleben

-cp- Die Literaturepoche des Realismus (1850-1890) zog ihr Motto aus dem Vorspiel auf dem Theater aus Goethes "Faust". Das heißt es "Greift nzr hinein ins volle Menschenleben! Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt, Und wo ihr's packt, da ist's interessant!" Es scheint so, als hätte sich das Privatfernsehen dieses Motto auch auf die Fahnen geschrieben. Ob nun die Supernanny der hilflosen Mandy aus Mainz hilft, Peter Zwegat die Sparvorhaben der von ihm betreuten Schuldner kontrolliert, oder wir gezeigt bekommen, welche Promis mal wieder ohne Slip unterwegs sind. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Boulevard und Information? Ach ja, und dann gibt es noch Vera, nicht mehr am Mittag, sondern am Sonntagabend, und sie vermittelt Unvermittelbare, wobei sie die Sendung moderiert, als würde sie niedliche Zootiere beschreiben.

Ist dies nun Fernsehen für oder über die Unterschicht? Und worin liegt der Wert fürs Publikum? Vielleicht bestätigen diese Sendungen den Zuschauer darin, dass die gefühlt suboptimale Lebenssituation noch schlechter sein könnte. Mein vordringliches Gefühl beim Schauen ist eine gewisse Fassungslosigkeit. Gibt es wirklich Menschen die so sind? Und dann denke ich an meine Arbeit, und auf einmal kommt mir das, was ich in meiner Freizeit eigentlich verdrängen wollte, wieder bekannt vor. Dabei ging es beim Fernsehen doch eigentlich um etwas anderes...