Sonntag, 21. März 2010

Kino-Kultur?

-cp- In den vergangenen Monaten haben wir die Veränderung des Mainstream-Kinos in Richtung 3D beobachtet und dabei den Publikumserfolgen "Alice im Wunderland" (Rezension) und "Avatar" (Rezension 1, Rezension 2) besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Effekt steht über Inhalt, das ist die traurige Bestandsaufnahme dessen, was "Kino Kultur" derzeit auszumachen scheint, zumindest im Mainstream-Bereich. Mit Entgegennahme der 3D-Brille kann der Kino-Besucher sein Denkvermögen an der Kinokasse zurücklassen. Während des Films wird er es in den allermeisten Fällen nicht brauchen. Er soll gefälligst die immer höheren Eintrittspreise zahlen und die visuellen Feuerwerke auf der Leinwand bestaunen. Mitdenken ist nicht erwünscht. Das wirklich Traurige an der Sache ist, dass die Publikumsmassen dieser Entwicklung folgen. Die Frage, warum Hollywood auf die Story so wenig Wert legt, bleibt offen. Immerhin ist die Story das Skelett eines jeden Films. Sie stützt die Bilder und die Dialoge.

Gerade in den USA erfreut sich Robert McKee einer gewissen Bekanntheit. Er hat sich mit Filmgeschichten und Plots auseinandergesetzt und gibt Seminare zum Thema "Storytelling". Nicht nur Anfänger, sondern auch renomierte Drehbuchautoren besuchen seine Seminare oder lassen sich von ihm beraten. In dem Film Adaption hat er einen Gastauftritt. In seinem Buch "Story", dem Standardwerk für Drehbuch- und andere Autoren, schreibt er: "Schwache Storys, die unbedingt die Aufmerksamkeit des Publikums fesseln wollen, degenerieren zu knallig-wirren Multimillionen-Dollar-Demospulen. (...) Musik und Toneffekte werden zunehmend tumultartig. Die Gesamtwirkung versickert ins Groteskte. (...) Jedes Jahr produziert und/oder verleiht Hollywood vierhundert bis fünfhundert Filme. (...) Einige wenige sind hervorragend, aber die Mehrheit ist mittelmäßig oder schlimmer." (McKee, Robert: "Story", Berlin 2001, 2. Auflage)

Es bleibt abzuwarten, wie sich "Kino-Kultur" weiterentwickelt. Solange die Eintrittspreise weiterhin ins Unverschämte steigen und die Qualität der meisten Filme derartig flach ist, sollte man gut überlegen, was man mit seinem Geld und seiner Zeit anstellt.